4. Februar 2012
Architektursammlungen in Berlin
TREPPAUF, TREPPAB: Treppen in der Architekturfotografie vom 19. Jahrhundert bis heute
„Treppauf, treppab“ ist der Titel der Studioausstellung des Architekturmuseums der TU Berlin, die noch bis zum 12. April zu sehen ist. Die beträchtliche Sammlung des Architekturmuseums beläuft sich u.a. auf 20.000 Fotografien; von den 1000 Treppenabbildungen werden nun 60 im Untergeschoss des Scharounschen Flachbaus am Ernst-Reuter-Platz gezeigt.
„Die verspielten Treppen, die zum Rang hinaufführten, wurden ihrerseits von merkwürdigen verzerrten parabolischen Gewölben überspannt und zusammengehalten, und das Foyer war ein kreisrunder Raum, in dem wie in einem Kapitelsaal der englischen Gotik eine zentrale tragende Säule aufragte.“ So beschreibt Julius Posener in seiner Autobiographie „Heimliche Erinnerungen in Deutschland 1904 bis 1933“ den Treppenaufgang im Lichtspielhaus, erbaut 1924 von Hans Poelzig unweit der TU Berlin am Zoologischen Garten. Der Absolvent und Professor der ehemaligen Technischen Hochschule Berlin Poelzig, von seinen Studenten mit „Meister“ angesprochen, bildet mit seinen Berliner Architekten-Kollegen des Expressionismus und der frühen Neuen Sachlichkeit den Schwerpunkt der Schau. Ein weiterer Bezug zum Ort ist die einzige eigens für die Ausstellung angefertigte Fotografie von Andrew Alberts, die das Treppenhaus des Architekturgebäudes der TU Berlin inszeniert. Die Abbildung des Hermkes-Baus ist zudem die einzige ausgestellte Farbfotografie.
Der Titel der Ausstellung wirkt wie ein Zugeständnis an die indifferente, von den Kuratoren jedoch gezielt unterschiedlich hohe Hängung der Exponate in nur schwer nachvollziehbaren Gruppen. Diese verhindern einen Vergleich von Treppentypologien, den man sich bei einem solch wichtigen Bauteil in der breiten Preußischen Architekturlandschaft durchaus gewünscht hätte. Neben einem Ausstellungsheft fehlen notwendige Informationen am ausgestellten Objekt wie z.B. Posenersche bauhistorische oder konstruktive Besonderheiten zu den Treppen. Auch eröffnen sich beim Betrachten der qualitätvollen Bilder wieder einmal die begrenzten räumlichen Möglichkeiten des Berliner Architekturmuseums: der denkmalgeschützte Raum ist durch schlechte Lichtverhältnisse und mangelnde Größe und Variabilität nicht für klassische Architektur-Ausstellungen geeignet. Hier trifft die Realität auf die Zweifel des Leiters des Architekturmuseums, Dr. Hans-Dieter Nägelke, der sich fragt, ob man Architektur überhaupt ausstellen kann.
STATT-ARCHITEKTUR IM STADTMUSEUM: Architektur im Märkischen Museum Berlin
Berlin hat eine wechselvolle Geschichte mit zeitweiser räumlicher Barriere erlebt; Architektur ist die Auseinandersetzung des Menschen mit Gebautem, mit räumlichen Verhältnissen. Das Verhältnis von Berlin zu Architektur müsste sich demnach eigentlich im Märkischen Museum, dem Landesmuseum für Kultur und Geschichte, bestens offenbaren.
Eine mittelalterliche Gerichtslaube in korrekten Raumproportionen, ins Mauerwerk eingefügte und am Berliner Schloss gefundene Portal-Reste eines Vorgängerbaus, Säulenheilige im Seitenschiff der sog. Kapelle: das Gebäudeensemble des Märkischen Museums besteht aus zahlreichen Architekturzitaten. Stadtbaurat Ludwig Hoffmann verstand es, die prägenden Bauepochen der Stadt Berlin und der Mark Brandenburg im 1908 eröffneten Museum abzubilden. Die Verweise auf das bauliche Erbe einer ganzen Region verteilen sich im gesamten, ambivalent historisierenden Backsteinbau. Und so verhält es sich auch mit der ausgestellten Architektur: sie findet sich vielerorts im Museum, oft beiläufig und lästig, aber nie zusammenhängend dargestellt.
Die Berliner Stadtmodelle sind beispielsweise nicht sinnvoll im Märkischen Museum zusammengestellt. Sie verharren in verschiedenen Räumen und warten vermutlich auf eine notwendige Restauration. Die unterschiedliche Qualität der Modelle und Maßstabssprünge verhindern zudem erkenntnisreiche Vergleiche. Manche Modelle wirken kindlich, zu detailreich, mit Elementen aus dem Modelleisenbahnbau dekoriert oder aus Sicht eines Architekturvermittlers einfach nur dreist: in ein Modell von 1980, das das Stadtbild Berlins zur Schinkelzeit zeigt, wurde ein viel zu gedrungener, von einer Discokugel gekrönter Fernsehturm an seine vermeintlich richtige Position am heutigen Alexanderplatz gesetzt. Kindern, Nicht-Berlinern und anderen Ahnungslosen soll hier auf Kosten der Architektur die Orientierung erleichtert werden.
Stadtmuseen haben vielerorts das Problem, dass eine geordnete kuratorische Idee dem interessierten Besucher verborgen bleibt. Offensichtlich ist man aus wirtschaftlicher Sicht gezwungen, besonders viele Objekte und Informationen auszustellen, anstatt eine qualitätvolle Auswahl zu treffen. Die bedeutende Architektur Berlins und Brandenburgs hat im Märkischen Museum eine optisch und inhaltlich ansprechendere Präsentation im dafür prädestinierten Hoffmann-Bau verdient.
REINRÄUME: Für eine Neuordnung der Bauhaus-Landschaft
Das Berliner Bauhaus-Archiv wurde 1979 eröffnet. Gleich mit der ersten Schau, die die Sammlung des Archivs in der Breite zeigte, erhielt es einen musealen Charakter, den es bis heute nicht ablegen konnte. Dennoch gibt es Möglichkeiten, dass das Bauhaus-Archiv seiner ursprünglichen Bestimmung wieder gerecht wird.
Der Name des Gropius-Baus, der eigentlich Jahrzehnte zuvor in Darmstadt hätte entstehen sollen, führt teilweise in die Irre, nimmt doch das eigentliche Archiv nur einen kleinen Teil des Gebäudes für sich in Anspruch. Die große Halle unweit des Eingangs war ursprünglich als Werkfläche vorgesehen, auf der sich Schüler und Studenten den Bauhaus-Lehren widmen sollten. Idealerweise wird dieser Arbeitsbereich mit den markanten Viertelkreis-Sheddächern mit Nordlicht versorgt. Wird die Halle wie heutzutage aber als Dauer-Ausstellungsfläche benutzt, muss die Lichtquelle mit Lamellen verdunkelt werden. Das eigentliche Archiv, zu dem ein öffentlicher Zugang besteht, befindet sich räumlich eingeschränkt über dem Musemscafé. Der Eingangsbereich ist für seine museale Bestimmung zu beengt bemessen; nach dem Bezahlen steht man fast unmittelbar vor Exponaten. Ein Museumsshop war in den Gropiusschen Planungen überhaupt nicht vorgesehen. Grundsätzlich ist das Archiv neo-musealen Auflagen, die auch durch den Event-Charakter der restlichen Berliner Museumlandschaft forciert werden, nicht gewachsen.
Während eines Rundgangs durch das Bauhaus-Archiv werden an vielen Stellen funktionale Missstände sichtbar, durch die eine architektonisch-funktionale Auseinandersetzung mit dem Gebäude schwerfällt. Trotz eines im Jahr 2005 ausgelobten Architekturwettbewerbs, dessen 1. Preis einen massigen Investorenbau gegenüber dem Konrad-Adenauer-Haus vorsah, ist eine bauliche Erweiterung des Bauhaus-Archivs nur schwer möglich. Zu ausladend und idealtypisch vereinnahmt der denkmalgeschützte Gropius-Bau das enge Grundstück am Landwehrkanal.
Das Lager des Bauhaus-Archivs befindet sich hingegen im Berliner Stadtteil Prenzlauer Berg. Zur Zeit gibt es Überlegungen, dieses Lager öffentlich nutzbar zu machen. Dorthin könnte auch der Rest des eigentlichen Bauhaus-Archivs umziehen, was dem Gropius-Bau eine räumliche Neuordnung böte und ein Anstoß zu einer konzeptuellen Rückbesinnung als authentische Bauhaus-Werkstatt gäbe. Diese bestünde auch bei einem weiteren Gedankenspiel: mit dem derzeit laufenden Wettbewerb zum Neubau eines Bauhaus-Museums in Weimar könnte es gelingen, jegliche Bauhaus-Ausstellungen dort zu konzentrieren und dem Berliner Bauhaus-Standorten die Aufgaben des Archivierens und der didaktischen Durchdringung der Bauhaus-Lehre zukommen zu lassen.
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