Florian Afflerbach zeichnet Ansichten vom Stuttgarter Westen
Es ist das dichtbesiedelste Innenstadtquartier Deutschlands: der
Stuttgarter Westen. Hier mischen sich alle Lebensbereiche: Wohnen und Arbeiten, Natur und
Geschichte, Kunst und Kultur. Für Architektur-Zeichner wie Florian Afflerbach ist der
Stuttgarter Westen ein Motiv-Paradies. „Manchmal kann ich mich kaum für ein Motiv
entscheiden! Neben historischen Fassaden aus der Gründerzeit stehen Häuser aus den
1950er Jahren, als es einfach nur darum ging, schnell Wohnraum zu schaffen. Und auch
Kriegswunden sind noch zu sehen“, beschreibt Florian Afflerbach den Stuttgarter Westen
aus seiner Sicht. In seinen Bleistiftzeichnungen hält der Wahl-Stuttgarter den
baugeschichtlichen und gesellschaftlichen Kontext der Gebäude fest. „In meinen Bildern
spiegelt sich das Zeitgeschehen. Man kann den Bauwerken ansehen, aus welcher Zeit sie
stammen, was mit ihnen passiert ist oder wer ihn ihnen wohnt und arbeitet“, erklärt der 28-
Jährige.
Rund 20 Werke des gebürtigen Siegeners, der in Siegen und Paris Architektur studierte und
in einem Stuttgarter Architekturbüro arbeitet, sind vom 6. August bis 20. September 2009 im
„Clouseau“ in der Rosenbergstraße zu sehen. Die Laudatio zur Vernissage hält der Architekt Ernst Ulrich Tillmanns.
Interview:
Frage: Warum beschäftigen Sie sich zeichnerisch mit Stuttgart und dem Stuttgarter Westen?
Antwort: Stuttgart ist meine Wahl-Heimat, und ich lebe und arbeite sehr gerne hier. Der Stuttgarter
Westen, wo ich wohne und in meiner Freizeit zeichne, hat ein unheimlich dichtes städtisches
Leben zu bieten, das ich in meinen Bildern festhalte. Dabei interessiert mich vor allem die
Architektur, die hier sehr abwechslungsreich und von der Geschichte der Stadt geprägt ist.
Frage: Zeichnen Sie ausschließlich Gebäude?
Antwort: Nein, ich zeichne die Gebäude zumeist in ihrem gesellschaftlichen – und auch baugeschichtlichen
– Kontext. Ich zeige sie also nicht „nackt“, sondern umgeben vom Alltagsgeschehen.
So empfinde ich Straßenbahnen und Autos, Baustellen und Verkehrsschilder,
wenn auch nur als blasse Silhoette, in meinen Architekturzeichnungen nicht als störend, sondern sie
gehören unbedingt hinein, um die Situation vollständig wiederzugeben. Manchmal arbeite ich
aber auch das reine Gebäude heraus und entziehe es so seiner Umgebung, um seine Einzigartigkeit
herauszustellen.
Frage: Wie sind Sie zu der Idee der Ausstellung gekommen?
Antwort: Mit meiner Ausstellung möchte ich vor allem an die Bewohner des Stuttgarter Westens
erreichen. Ich möchte ihnen neue Ansichten des Viertels, in dem sie zu Hause sind, ermöglichen.
Vielleicht kann ich damit sogar erreichen, dass man beim Schlendern durch die Stadt
häufiger mal den Blick hebt und sich mit seiner Umgebung beschäftigt.
Frage: Haben Sie unter den rund 20 Motiven, die Sie ausstellen, ein Lieblingsmotiv?
Antwort: Ja. Das Jugendstil-Haus an der Ecke Vogelsang-/Seyfferstraße, das das urige Restaurant
‚Zum Spätzleschwob’ beherbergt, fasziniert mich ganz besonders. Ich habe es schon drei
Mal gezeichnet! Seine durchweg beige-braune mit den ornamentalen Erkern und der plastischen
Fassade, dazu ein Eck-Restaurant und gegenüber eine Eck-Kneipe, ist absolut typisch für den Stuttgarter Westen.
Frage: Wenn Sie auf Reisen sind, haben Sie auch stets Ihr Skizzenbuch dabei. Wohin würde Sie
Ihre Traumreise zum zeichnen führen?
Antwort: Europa mit seiner gewaltigen Architekturgeschichte hat noch jede Menge Ziele für mich zu
bieten. Außerhalb unseres Kontinents reizt mich vor allem New York City. Ich glaube, dass
hier ganz viel passiert, was mich zeichnerisch, architektonisch, kulturell und sozial reizen würde.